Der lange Weg zu einer nachhaltigen Nutztierhaltung

05.09.2023 Beispiele aus Holland, Irland und Frankreich zeigen am Agrarpolitikforum 2023 an der BFH-HAFL: Die Schweizer Landwirtschaft kann auf ihrem Weg zu einer nachhaltigeren Nutztierhaltung von anderen Ländern lernen.

Petra Berkhout, Agricultural Economist, Universität Wageningen NL, zeigte die schwierige Situation der holländischen Landwirtschaft auf.
Petra Berkhout, Agricultural Economist, Universität Wageningen NL, zeigt die schwierige Situation der holländischen Landwirtschaft auf. Bild: Reto Baula


Das Agrarpolitik Forum 2023 drehte sich um die Zukunft der Schweizer Nutztierhaltung: Wie steht es um ihre Nachhaltigkeit? Welche politischen Rahmenbedingungen sind notwendig, um diese Transformation zu erreichen? Als Lösungsansätze wurden eine bessere Kopplung von Milch- und Fleischproduktion genannt, aber auch neue Genetik oder ein verbessertes Herdenmanagement. Proviande-Direktor Heinrich Bucher betonte, dass es wichtig sei, ein Tier als Ganzes zu verwerten. Er wünscht sich zudem mehr Forschung, um einen reduzierten Methanausstosses bei Rindern zu erreichen und die Futtereffizienz zu steigern. Er betonte ebenfalls, dass Schweizer Fleisch zu Unrecht einen schlechten Ruf habe, wenn es um das Klima gehe.

Ein grösseres Problem als die Rinder stellen indes die so genannten Monogastrier dar, führte BLW-Direktor Christian Hofer aus:  So würden Schweine über 50 Prozent importiertes Futter fressen, Hühner sogar fast 80 Prozent. Obwohl in der Schweizer Nutztierhaltung in den letzten Jahren viel erreicht worden ist, bleiben grosse Herausforderungen bestehen, wie Martin Pidoux, Dozent Agrarpolitik und -märkte, im Interview sagt.  

Pat Dillon, Head of Research von Teagasc Irland, erläuterte, wie die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft bis 2030 um 25 Prozent reduziert werden sollen.
Pat Dillon, Head of Research von Teagasc Irland, erläuterte, wie die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft bis 2030 um 25 Prozent reduziert werden sollen. Foto: Reto Baula

Niederlande: Hohe Ammoniakemissionen

Der Weg der Schweiz zu einer nachhaltigen Nutztierhaltung ist noch weit. Doch anderen europäischen Ländern geht es kaum besser. So führte Petra Berkhout von der niederländischen Universität Wageningen die Geschichte der holländischen Milchproduktion ab 1984 aus. 1998 führte Holland das MINAS - kurz für «Minerals Accounting System» - ein, dessen Ziel es war, Stickstoff- und Phosphatverluste zu reduzieren.

2006 wurde das System vom Europäischen Gerichtshof als unzulässig erklärt, weil die Niederlande zu hohe Stickstoffverluste nicht grundsätzlich verboten, sondern lediglich höhere Steuern verlangte. Zudem sei das MINAS-System nicht kompatibel mit den Stickstoffvorgaben der EU. Seit 2019 steckt Holland in einer Stickstoffkrise, die bis heute andauert. Die niederländische Landwirtschaft konnte zwar die Treibhausgasemissionen seit 1990 halbieren, doch ist die Ammoniakemission mit 60 Kilogramm pro Hektar noch immer die höchste der gesamten EU.

Marine Michel, CSR-Managerin bei der französischen Terrena möchte mit Terrena 2030 die Synergien zwischen Ackerbau und Viehzucht stärken, um den Herausforderungen des Übergangs in der Landwirtschaft gerecht zu werden.
Marine Michel, CSR-Managerin bei der französischen Terrena möchte mit Terrena 2030 die Synergien zwischen Ackerbau und Viehzucht stärken, um den Herausforderungen des Übergangs in der Landwirtschaft gerecht zu werden. Foto: Reto Baula

Irland: Den «Klimaberg» erklimmen

Auch Irland kämpft mit Problemen, wie Prof. Pat Dillon vom Teagasc, der halbstaatlichen Behörde Irland für Forschung, Entwicklung, Schulung und Beratung im Agrar- und Ernährungssektor, ausführte. So soll die irische Landwirtschaft die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 25 Prozent reduzieren. Doch steigen die Zahlen immer wieder an. Eine «Climate Action Strategy» soll diesem Phänomen entgegenwirken. Dazu gehört ein Beratungs- und Weiterbildungsprogramm mit einer digitalen Plattform, wo Landwirtinnen und Landwirte Nachhaltigkeitspläne für ihre Betriebe erarbeiten können. 50'000 irische Landwirtinnen und Landwirte sollen bis 2030 am Programm beteiligt sein.

Parallel dazu setzt die Behörde vor allem auf Forschung. Das Ziel: die Stickstoff- und Methanemissionen längerfristig reduzieren und die Kohlenstoffbindung sowie die Biodiversität erhöhen. Auch geschlossene Kreisläufe bei Produktion von Nahrungsmitteln gehören zu diesen Zielen. Es brauche aber einen raschen Start und weitere Ressourcen, um den «Klimaberg» erklimmen zu können, betonte Pat Dillon.

Frankreich: Eine neue Marke als Unterstützung

Ähnliche Ziele verfolgt auch die französische Terrena, eine landwirtschaftliche Genossenschaft im Grand Ouest in der Bretagne und den Pays de Loire, so Marine Michel, Verantwortliche für die soziale Verantwortung des Unternehmens. Terrena wirkt bei der Entwicklung von Alternativen zu synthetischen Produkten mit, schafft wettbewerbsfähige Wirtschaftszweige und engagiert sich für eine bessere Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel - beispielsweise durch die Entwicklung von Getreidesorten, die besser an die Böden und das gegenwärtige Klima angepasst sind. Mit «La Nouvelle Agriculture» hat Terrena sogar eine Marke entwickelt, um nachhaltiger erzeugte Produkte einheitlich mit einer besseren Wertschöpfung vermarkten zu können. Die neue Marke soll gemäss Marine Michel Landwirtinnen und Landwirten auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft unterstützen. Auch dieser Weg ist noch weit.

Wenn auch keines der drei europäischen Länder am Ziel einer nachhaltigen Nutztierhaltung ist, so können ihre Erfahrungen für die Schweizer Landwirtschaft, bei der Suche nach dem richtigen Weg, durchaus nützlich sein.

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Ansprechperson

Autorin

Fachgebiet: Agronomie + Wald
Rubrik: Konferenz