Das Rasterelektronenmikroskop - unverzichtbar in der Werkstoffanalytik

20.06.2019 Manchmal lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Wenn das Lichtmikroskop an seine Auflösungsgrenze stösst, kommt das Rasterelektronenmikroskop (REM) zum Zuge. An der Berner Fachhochschule reicht die untersuchte Werkstoffpalette von Holz über Metalle und Keramiken zu Lacken und Farbstoffen. Der vorliegende Artikel zeigt anhand zweier aktueller Arbeiten exemplarisch, welche Untersuchungsmöglichkeiten das REM bietet.

Wärmebehandlung von metallischen Bauteilen

Der Trend zu additiv gefertigten Bauteilen führt zu Werkstoffen mit einer sehr feinen inneren Struktur, dem sogenannten Gefüge. Um die Eigen­schaften dieser Werkstoffe zu verstehen und gezielt ein­stellen zu können, ist die Gefügeanalyse von entscheidender Bedeutung.
Abb. 1 zeigt das Gefüge eines mittels selektivem Laserschmelzen (SLM) gefertigten Bauteils aus der Aluminiumlegierung AlSi10Mg. Das in dieser Legierung enthaltene Silizium bildet aufgrund der sehr schnellen Erstarrung beim SLM-Prozess ein extrem feines Netzwerk aus, das nur noch mit dem REM sichtbar gemacht werden kann. Dieses Netzwerk aus hartem Silizium führt zu einer hohen Festigkeit, aber auch zu einem relativ spröden Werk­stoffverhalten. Durch eine gezielte Wärmebe­handlung lässt sich die Sprödigkeit stark vermindern. Nach einer Behandlungsdauer von nur 5 Minuten bei etwa 540°C hat sich das Silizium­netzwerk aufgelöst, und es sind stattdessen viele kleine Siliziumteilchen entstanden (Abb. 2). Soll ein ähnlicher Effekt bei gegossenen Bauteilen erzielt werden, ist hierzu eine Behandlungsdauer von bis zu 12 Stunden notwendig, was auf die viel gröbere Gefügestruktur von Gussteilen zurückzuführen ist.
Ist mehr als nur eine optische Information über das Gefüge erwünscht, bietet sich die Elektronenrückstreubeugungsanalyse (EBSD) an. Abb. 3 zeigt durch die verschiedenen Farben die räumliche Orientierung der Kristalle im Bauteil auf.
Gefügeanalysen mittels Rasterelektronenmikroskopie sind für den Werkstoffexperten also eine wichtige Grundlage, um das unter­schiedliche Verhalten von additiv gefertigten und gegossenen Bauteilen verstehen und den Wärmebehandlungs­prozess entsprechend anpassen zu können.

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