Berner Schmerzscore für Neugeborene Validierung des Berner Schmerzscores für Neugeborene unter Berücksichtigung von Kontextfaktoren

Durch die Erkenntnisse des Projekts «Berner Schmerzscore für Neugeborene» sollen Schmerzen aufgrund einer akkurateren Schmerzerfassung reduziert und negative Langzeitfolgen vermindert werden.

Steckbrief

  • Lead-Departement(e) Gesundheit
  • Institut Wirkungsorientierung und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen
  • Förderorganisation SNF
  • Laufzeit (geplant) 01.10.2015 - 30.09.2018
  • Projektverantwortung Prof. Dr. Eva Cignacco Müller
  • Projektleitung Karin Schenk

Ausgangslage

Weil Neugeborene einen Schmerzzustand nicht sprachlich mitteilen können, wird in der klinischen Praxis anhand beobachtbarer verhaltensorientierter (z. B. Mimik, Weinen) und physiologischer (z. B. Veränderungen in der Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung) Indikatoren beurteilt, ob ein Schmerzzustand vorliegt. In den vergangenen dreissig Jahren wurden enorme Fortschritte in der Erfassung von neonatalem Schmerz erzielt; bisher sind aber nur wenige Schmerzskalen einer präzisen psychometrischen Testung unterzogen worden. Bis heute gibt es keine Skala, die dem «Goldstandard» eins Schmerzerfassungsinstruments für Neugeborene entspricht. 

Der Berner Schmerzscore für Neugeborene (BSN) wurde 1996 für den Gebrauch in der klinischen Praxis entwickelt und ist seither eines der meist verwendeten Schmerzerfassungsinstrumente für Neugeborene im deutschsprachigen Raum. Rückmeldungen aus der Praxis weisen aber darauf hin, dass es vor allem bei extrem Frühgeborenen schwierig ist, einen Schmerzzustand akkurat zu erfassen. Zudem zeigen neue wissenschaftliche Erkenntnisse, dass individuelle Kontextfaktoren (z. B. das Gestationsalter oder der Gesundheitszustand) die Schmerzäusserung der Kinder beeinflussen.

Ziele

Das übergeordnete Ziel der Studie ist ein modifizierter BSN für die klinische Praxis, der auch relevante Kontextfaktoren berücksichtigt.

Ziele der Studie
 

  • Validierung des BSN an einer grossen Stichprobe von Neugeborenen (N=154) mit unterschiedlichem Gestationsalter. Die psychometrische Testung beinhaltete die Überprüfung der Faktorenstruktur des BSN, Interrater Reliabilität, Übereinstimmungsvalidität zwischen dem BSN und dem Premature Infant Pain Profile-Revised (PIPP-R), Konstruktvalidität, Sensitivität und Spezifität.
  • Analyse der Beziehung zwischen verhaltensorientierter und physiologischer Unterskala.
  • Überprüfung des Einflusses ausgewählter individueller Kontextfaktoren auf die Variabilität in der Schmerzäusserung.

Vorgehen

Diese prospektive Beobachtungsstudie mit Messwiederholungen haben wir auf den Neonatologien der Universitätsspitäler Bern, Basel und Zürich durchgeführt. Frühgeborene haben wir während zwei bis fünf und Termingeborene während möglichst zwei routinemässigen kapillären Blutentnahmen innerhalb der ersten 14 Lebenstage gefilmt. Während jeder Filmaufnahme haben wir drei Videosequenzen produziert: die Baseline-Phase, die Phase der Blutentnahme und die Erholungsphase. Die Kinder haben vor jeder Blutentnahme eine Gabe oraler Saccharose zur Schmerzlinderung erhalten. Die Filmsequenzen wurden anschliessend randomisiert und von fünf erfahrenen Pflegefachpersonen mit dem BSN und dem PIPP-R beurteilt.

Die Studie hat gezeigt, dass eine Reduktion des BSN von neun auf vier Schmerzindikatoren angebracht ist. Individuelle Kontextfaktoren (z. B. PMA, Verhaltensstatus und Beatmung) beeinflussen die Reaktion des Kindes auf akuten prozeduralen Schmerz und sollten daher in der Schmerzerfassung berücksichtigt werden.

Berner Schmerzscore für Neugeborene-Revidiert (BSN-R)

Grafik Berner Schmerzscore für Neugeborene-Revidiert Bild vergrössern
Schenk K., Stoffel L., Cignacco E., et al. 2020

Publizierte Artikel

  • «The influence of gestational age in the psychometric testing of the Bernese Pain Scale for Neonates», erschienen in BMC Pediatrics, 2019.
  • «Individual contextual factors in the validation of the Bernese pain scale for neonates: protocol for a prospective observational study», erschienen in BMC Pediatrics, 2017.
  • «Schmerzzustände von Neugeborenen zuverlässiger beurteilen», Schenk Karin und Cignacco Müller Eva, erschienen in «Hebamme.ch», 7/8 2016
  • «Frühchen sollen weniger leiden», Cignacco Müller Eva, erschienen in «Der Frutigländer» am 14.8.2015
  • «Schmerzen bei Neugeborenen: die Geschichte einer Vernachlässigung» Cignacco Müller Eva et al., erschienen in «Hebamme.ch», 7/8 2018
  • «Für einen erleichterten Start ins Leben – der Berner Schmerzscore für Neugeborene» Cignacco Eva und Schenk Karin, erschienen in «frequenz», 1/2019

Medienberichte

Projektteam

  • Dirk Bassler, Universitätsspital Zürich
  • Mathias Nelle, Inselspital Bern
  • Sven Schulzke, Universitäts-Kinderspital beider Basel
  • Bonnie Stevens, University of Toronto
  • Liliane Stoffel, Inselspital Bern