Alp- und Berglandwirtschaft

Im Zentrum unserer Forschungsaktivitäten steht die Frage, wie die Bergregion nachhaltig bewirtschaftet und die Alp- und Berglandwirtschaft im Rahmen von regionalen Gesamtkonzepten weiterentwickelt werden können.

Die Alpen- und Berggebiete machen einen bedeutenden Teil der Fläche der Schweiz aus. Die klimatischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen in diesen Regionen erfordern von den landwirtschaftlichen Betrieben und den Akteuren der Wertschöpfungsketten, dass sie sich vorausschauend anpassen.

In Zusammenarbeit mit dem INFORAMA Berner Oberland in Hondrich erarbeitet unsere Forschungsgruppe der BFH-HAFL Lösungen für eine gesamtheitliche, zukunftsorientierte Entwicklung der Alp- und Berglandwirtschaft.

Leistungsangebot

  • Entwicklung von Strategien, Formen der Zusammenarbeit und Organisation für Alpbetriebe;
  • Bewirtschaftungskonzepte und Kartierungen für die standortangepasste Nutzung von Alpen;
  • Optimierung von Genetik, Haltung und Fütterung von Wiederkäuern im Berggebiet;
  • Businesspläne für Alp- und Bergkäsereien;
  • Vollkostenrechnungen für alpenspezifische Kalkulationen von Produktpreisen in unterschiedlichen Absatzkanälen;
  • Nutzungs- und Entwicklungskonzepte für traditionelle oder neu entstehende Wald-Weiden in Zusammenarbeit mit der Forstwirtschaft;
  • Vermarktungsstrategien für Alp- und Bergprodukte sowie für agrotouristische Angebote im Berg- und Sömmerungsgebiet;
  • Regionale und räumliche Entwicklungskonzepte für das Berg- und Sömmerungsgebiet;
  • Entwicklung von praxistauglichen Instrumenten zur Vereinfachung des Managements von Berg- und Alpbetrieben.

Kompetenzen

Strategie- und Marketingkonzepte für Branchenorganisationen

  • Governance von Wertschöpfungssystemen
  • Marketingstrategien für Betriebe und Organisationen

Regionale und räumliche Entwicklungskonzepte

  • Management von natürlichen Ressourcen
  • Partizipative Entwicklungsprozesse mit regionalen Akteuren des ländlichen Raumes

Standortangepasste Bewirtschaftung im Berggebiet

  • Beweidungs- und Nutzungskonzepte für Alpen
  • Angepasste Nutzung unterschiedlicher Typen von Grasland durch raufutterverzehrende Nutztiere

Projekte

In Zusammenarbeit mit Agroscope Tänikon wurden 19 zufällig ausgewählte Betriebe aus den Bergzonen 2–4 mit Original Simmentaler Milchkühen (OS) untersucht und mit zwei Referenzgruppen aus den gleichen Zonen verglichen.

Die OS-Betriebe sind gegenüber den Vergleichsgruppen bezüglich Strukturen geringfügig grösser (+9% / +3%) und haben eine deutlich tiefere Milchleistung pro Kuh (–24% / –31%). Bei der Wirtschaftlichkeit fielen die OS-Betriebe durch insgesamt deutlich tiefere Direkt-, Fremd- und Vollkosten auf, was bei ähnlichen Produkterlösen und mehr ausgelösten Direktzahlungen zu einem besseren Gesamtergebnis führte. So lag das erzielte Einkommen pro ha bei den OS-Betrieben 46% bzw. 40% über und bei der Arbeitsverwertung 49% bzw. 41% über dem Ergebnis der Referenzbetriebe.

Begründet wir die bessere Wirtschaftlichkeit der OS-Betriebe mit den tieferen Kosten, der guten Milchverwertungseffizienz der Kälber sowie der guten Eignung der Simmentaler-Genetik zur angepassten, ökologischen Bewirtschaftung der Nutzflächen im Berggebiet. Die ausgezeichnete Fruchtbarkeit, Robustheit und Fitness dürften zudem ein wichtiger Vorteil bei der effizienten Alpbewirtschaftung darstellen.

Das Alpgebiet in der Schweiz wird von mehr als 7'000 Alpbetrieben bewirtschaftet, auf denen rund 300'000 Normalstösse gesömmert werden. Auf diesen Alpbetrieben arbeiten rund 17'000 Älplerinnen und Älpler. Wie generell in der Landwirtschaft ist auch in der Alpwirtschaft die Nachfrage nach Personal deutlich höher als das Angebot. Deshalb ist es für Alpverantwortliche besonders wichtig, die Attraktivitäts- und Loyalitätsfaktoren des Personals zu verstehen und zu wissen, was dieses von der Alp als Arbeitsort erwartet. Das vorliegende Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Schweizerische Alpwirtschaftliche Verband (SAV) nimmt dieses Anliegen auf und analysiert die Situation des Alppersonals mit einem spezifischen Fokus auf die wiederkehrende Alpbeschäftigung.

Methodisch kombiniert das Projekt eine quantitative Online-Befragung, vertiefende qualitative Interviews und partizipative Workshops. Im Rahmen letzterer werden zusammen mit Stakeholdern Handlungsempfehlungen entwickelt. Diese und das empirische Wissen werden durch die Projektpartner*innen zielgruppenspezifisch aufbereitet und verbreitet, damit a) v.a. Alpbesitzende sie verwenden und ideale Rahmenbedingungen für eine langfristige Bewirtschaftung ihrer Alpen schaffen können, und b) zusammen mit Wirtschaftspartnern die Förderung von Erwerbskombinationen (Sommer-Winter) geprüft werden kann.

Biodiversitätsförderflächen (BFF) machen im Berggebiet einen wesentlichen Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus. Durch die Nutzung des Futters dieser Flächen gelangen Nährstoffe über die Ausscheidungen der Tiere via Hofdünger auf die gedüngten Flächen des Betriebs. Die Biodiversitätsförderflächen selbst werden meist nicht gedüngt, wodurch ein Nährstofftransfer von den ungedüngten zu den gedüngten Flächen entsteht.

Dies kann zu einer Nährstoffüberversorgung der gedüngten Flächen und damit verbunden zu negativen Auswirkungen auf Artenvielfalt, Futterqualität und Umwelt führen.

Eine im Jahr 2019 von der BFH-HAFL durchgeführte Fallstudie auf drei Mutterkuhbetrieben im Avers (GR) hat einen relevanten Nährstofffluss von ungedüngten auf gedüngte Flächen aufgezeigt.

Da Milchviehbetriebe tendenziell intensiver bewirtschaftet werden, wird die Fallstudie auf sechs Milchviehbetriebe im Rheinwald (GR) erweitert. Um den innerbetrieblichen Nährstofftransfer zu quantifizieren, werden für jeden Betrieb Hoftor-, Stall- und Feldbilanzen berechnet und Analyseresultate von Futterproben, Hofdünger und Bodenproben miteinbezogen. Zudem geben Vegetationsaufnahmen Aufschluss über die Folgen des innerbetrieblichen Nährstofftransfers.

Die veränderten klimatischen Bedingungen stellen die Schweizer Alpwirtschaft vor neue Herausforderungen. Das extrem trockene Jahr 2018 sowie die lange Trockenperiode im Sommer 2022 zeigen auf, dass es auch in den sonst sehr wasserreichen Alpen zu Engpässen und Wasserknappheit kommen kann. Wo nicht genügend Wasser am Berg ist, kann auch keine Sömmerung der Tiere erfolgen oder nur mit Hilfe von teuren und aufwendigen Wassertransporten.

Die Masterarbeit verfolgt das Ziel, den Alpbetrieben ein Hilfsmittel an die Hand zu geben, mit welchem sie ihren aktuellen Wasserverbrauch sowie die Wasserverfügbarkeit abschätzen können. Die Entwicklung eines Tools zur Ermittlung der Wasserbilanz über die Alpsaison hinweg dient dazu, Wasserengpässe und Wasserüberschüsse zu identifizieren. Daraus lässt sich der Handlungsbedarf abschätzen sowie zukünftige Strategien für das Wassermanagement entwickeln.

In der Masterarbeit an der BFH-HAFL werden die folgenden Fragen bearbeitet:

  • Welche Faktoren beeinflussen den Wasserhaushalt eines Alpbetriebes entscheidend?
  • Wie lassen sich die Wasserverfügbarkeit und der Wasserbedarf eines Sömmerungsbetriebes methodisch sinnvoll abbilden und welche Grundlagen braucht es dazu?
  • Kann die ermittelte Wasserbilanz Aufschluss über gewisse Problemherde oder Schwachstellen im Wassersystem eines Alpbetriebs geben?
  • Wie könnte die Wassersituation in der Zukunft unter den veränderten klimatischen Bedingungen aussehen?

Es ist geplant anhand von zwei Fallstudienalpen das erarbeitete Tool auf seine Anwendbarkeit zu testen. Vorab wurden mittels Interviews alle relevanten Daten zur Abschätzung der Wasserbilanz zusammengetragen sowie einige Richtwerte anhand der vorhandenen Literatur festgelegt.

In der Schweiz gibt es immer weniger Kühe, insbesondere weniger Milchkühe. Dies hat Folgen für die Sömmerung. Sei es, weil insgesamt Tiere fehlen, um die Weiden zu nutzen, oder weil auf Milch verarbeitenden Alpen die Milchkühe knapp werden. Dabei ist die Situation regional unterschiedlich und ein schweizweites Fazit schwierig zu ziehen. 

Die Agrarreform von 2014, dank der die Sömmerung stärker gefördert wird, liegt bereits etliche Jahre zurück. Ob es mit den neuen Rahmenbedingungen attraktiver geworden ist, Milchkühe oder Mutterkühe zu sömmern, wurde bisher nicht wissenschaftlich untersucht.
  
In einer Masterarbeit an der BFH-HAFL wurden folgende Fragen bearbeitet: 

  • Wie wirtschaftlich ist es heute für Heimbetriebe, Milchkühe oder Mutterkühe zu sömmern? 
  • Welche weiteren, nicht-wirtschaftlichen Motive gibt es, Kühe (nicht) auf die Alp zu geben? 
  • Wie finden Betriebe, die neu Kühe sömmern möchten, am besten eine geeignete Alp?

Im Winter 2021/22 wurden dazu Vollkosten von Heimbetrieben und Sömmerungsbetrieben aus verschiedenen Gegenden der Schweiz berechnet und eine Umfrage durchgeführt.  

Parasiten stellen bei Kleinwiederkäuern ein grosses Problem dar. Bekämpft werden sie in der Regel medikamentös mit Antiparasitika. Gegen etliche Wirkstoffe dieser Medikamente bestehen aber bereits Resistenzen. Als Alternative konnte mit Verfütterung von Esparsette eine gute jedoch nicht konstante Wirkung gegen Magen-Darm-Parasiten erzielt werden. Diese Wirkung ist auf die in der Esparsette enthaltenen Tannine zurückzuführen. Der Anbau der Esparsette in Reinkultur ist aber schwierig, und die Tanningehalte schwanken.

Tannine aus Tannen- und Fichtenrinde sind in ihrem Aufbau den Tanninen aus der Esparsette sehr ähnlich. Mit einem speziell entwickelten Extraktionsverfahren können diese Tannine aus der Rinde gelöst und dann in einer bestimmten Menge einem Mischfutter beigegeben werden. 

Mit dem Projekt werden folgende Ziele verfolgt:

  • Überprüfung der Wirkung der Tannine auf Magen-Darm-Parasiten bei Schafen und Ziegen
  • Entwicklung eines Mischfutters mit einem optimalen Gehalt an Tanninen
  • Einsatz der Tanninextrakte bei anderen Tierarten

Einmal-Täglich-Melken (ETM) – bis 2020 in der Schweiz verboten – ist international in weidebetonten Milchproduktionssystemen eine arbeitswirtschaftlich interessante Alternative, um bei knapper Arbeit, Futtermangel oder weit entfernten Weiden Tier und Mensch zu entlasten. 

Eine Milchkuhalp mit eigener Milchverarbeitung ist als geschlossenes System ideal, um die Auswirkungen von ETM entlang der Wertschöpfungskette mit überschaubarem Aufwand zu untersuchen. Im Rahmen eines Versuchs wurden deshalb während vier Sommern zwischen 2015 und 2019 auf einer solchen Alp im Kanton Graubünden von durchschnittlich 85 gealpten Kühen die noch laktierenden rund 55 Kühe in einem Versuch statt zweimal nur einmal täglich gemolken. Die Auswirkungen auf die Tiere, die Produkte und die Bewirtschaftung allgemein wurden in Bezug auf folgende Parameter analysiert:

  • Milchleistung, Milchinhaltsstoffe, somatische Zellen
  • Energieversorgung, Körperzustand- und Gewichtsentwicklung der Kühe
  • Milchverarbeitung und Käsequalität
  • Weidetechnik, Tierverhalten
  • Arbeitswirtschaft
  • Wirtschaftlichkeit

Die ab Sommer 2020 eingeführte Änderung des Lebensmittelrechts mit der Aufhebung des ETM-Verbots kann auf den Heimbetrieben im Berggebiet den hohen Druck zur Umstellung von Milchkühen zu Mutterkühen lindern und damit das hohe Wertschöpfungspotential bei Milchspezialitäten im Berggebiet bewahren. Für die Alpen bedeutet das wiederum, dass die ökologisch besonders nachhaltige sowie ökonomisch und touristisch hoch attraktive Bewirtschaftung mit Milchkühen erhalten bleibt. 

Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Projekt wurden in einem Merkblatt für Alpbesitzer*innen, Alpbestösser*innen und Alppersonal zusammengefasst. 

Seit 1956 wird auf der Eggenalp oberhalb von Zweisimmen der gemeinsam von der Kali AG und dem INFORAMA Berner Oberland in Hondrich angelegte Langzeitdüngungsversuch «Eggenalp» durchgeführt. Primäres Ziel des Versuches ist es, die Auswirkung unterschiedlicher Düngungsverfahren auf verschiedene Aspekte der Pflanzenbestände zu dokumentieren.

Analoge Versuche finden sich seit 1984 im Kanton Wallis (Orsières, Val d'Entremont) sowie seit 1972 im Solothurner Jura (Bremgarten, Laupersdorf). Der spezielle Wert des Versuches auf der Eggenalp zeichnet sich durch seine lange Versuchsdauer, den höher gelegenen Standort in den Voralpen (1'340 m ü. M.), die umfangreiche Dokumentation und die relative Nähe zur BFH-HAFL aus. Der Versuch auf der Eggenalp wie auch die anderen Standorte werden von der BFH-HAFL und anderen Institutionen regelmässig für Projekte, Unterricht und Exkursionen verwendet.

Im Düngungsversuch auf der Eggenalp wird untersucht:

  • wie sich die unterschiedlichen Düngungsregime auf die Artenzusammensetzung einer Alpweide auswirken;
  • wie sich die Nährstoffzusammensetzung im Boden bei unterschiedlicher Düngung verändert.

Rund 80% der jährlich produzierten Menge Berner Alpkäse AOP wird von den beteiligten Akteuren direkt vermarktet. Dabei positionieren sich die verschiedenen Anbieterinnen und Anbieter in unterschiedlichen Marktsegmenten, was zu einer uneinheitlichen Preisgestaltung und unerwünschten Konkurrenzeffekten führen kann. Zudem fehlen vielen Marktakteuren die zeitlichen und finanziellen Ressourcen für eine erfolgreiche Produktvermarktung. Zusammen mit der Sortenorganisation CasAlp erarbeiten wir eine Kalkulationshilfe für die Anbieterinnen und Anbieter von Berner Alp- und Hobelkäse AOP und ein Konzept zur Stärkung der Direktvermarktung.

Mit dem Projekt werden mehrere Ziele verfolgt:

  • Einheitlichere Preisgestaltung durch Berechnungen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfung
  • Stärkung des Qualitäts- und Preisbewusstseins durch einfache Berechnung der Kosten und des Arbeitsverdienstes
  • Reduktion des Vermarktungsaufwandes durch die Umsetzung von «good practice»-Ansätzen
  • Gezieltere Ausrichtung des Angebots auf die Kundschaft

Personen

INFORAMA

Matthias Grossmann

Leiter Fachstelle Alpwirtschaft, Beratung Alpwirtschaft
+41 31 633 80 58
E-Mail

Maike Oestreich

Maike Oestreich

Leiterin Käsereiberatung, Beraterin/Lehrerin Alpkäserei
+41 31 633 75 33
E-Mail