Mehr Pflegeexpertise für den ambulanten und stationären Bereich

03.11.2021 Seit 2019 bietet die Berner Fachhochschule Gesundheit im Rahmen ihres «Master of Science in Pflege» die Vertiefung Nurse Practitioner an. Gestern durften nun die ersten Absolvent*innen des neuen Programms ihr Diplom entgegennehmen. Mit diesem in der Schweiz noch wenig bekannten Berufsbild erhofft man sich unter anderem, den Herausforderungen im Gesundheitswesen besser entgegentreten zu können.

Insgesamt 33 Pflegefachpersonen durften gestern im Rahmen der Abschlussfeier des Master-Studiengangs in Pflege der Berner Fachhochschule Gesundheit ihr Diplom entgegennehmen. Deren 7 haben sich auf die 2019 erstmals angebotene Vertiefung Nurse Practitioner fokussiert und treten in der Schweiz als Pioniere in den Arbeitsmarkt ein. Die Nachfrage nach dem neuen Berufsbild «Pflegeexpert*in APN» (siehe Kasten) ist gross, sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich. «Wir erhalten derzeit viele Anfragen von Institutionen der ganzen Schweiz und können zwischen Absolvent*innen und Arbeitgebenden vermitteln», freut sich Dr. Maya Zumstein-Shaha, Dozentin und stv. Leiterin Master-Studiengang Pflege der Berner Fachhochschule.

Mögliche Antwort auf Herausforderungen im Gesundheitswesen

Das neue Berufsbild wurde als mögliche Antwort auf die Herausforderungen im Gesundheitswesen entwickelt. Durch die demografische Entwicklung steigt die Zahl der chronisch und mehrfach erkrankten Personen. Sie wohnen meist zu Hause oder in Langzeitinstitutionen und müssen mit ihren Erkrankungen den Alltag meistern. Aufgrund des vorherrschenden Mangels an Hausärzt*innen werden die Patient*innen oftmals nicht ausreichend begleitet. Diese Lücke können die Pflegeexpert*innen APN schliessen. Einerseits tragen sie durch die direkte Betreuung zu einer besseren Lebensqualität der erkrankten Person bei. Andererseits reduzieren sich dadurch die Konsultationen bei ärztlichen Fachpersonen, was diese wiederum entlastet. Auch leisten die Pflegeexpert*innen APN einen wesentlichen Beitrag zur besseren Koordination zwischen den Leistungserbringenden und somit zu einer integrierten Gesundheitsversorgung.  

400 Stunden Praxisarbeit als wesentlicher Bestandteil

«In Ländern wie Kanada und den Vereinigten Staaten ist das Berufsbild der APN bereits etabliert», führt Zumstein-Shaha aus. Um das Programm in der Schweiz aufzubauen und für die Ausbildung der hiesigen APN holte sich die Berner Fachhochschule denn auch Hilfe aus dem Ausland. Die School of Nursing der University of North Carolina Greensboro, USA, die seit rund 20 Jahren Pflegefachpersonen zu APN ausbildet, beteiligte sich bei der Entwicklung der Lerninhalte für die neue Studienvertiefung und übernimmt mit Dozierenden einen aktiven Part beim Unterricht. Wesentlicher und einzigartiger Bestandteil der neuen Master-Vertiefung sind die 400 Stunden Praxisarbeit, welche die Studierenden leisten. Parallel zum Unterricht und über mehrere Semester verteilt, vertiefen die Studierenden im Praktikum bei einer Gesundheitsinstitution oder einer Hausarztpraxis ihre medizinischen Fähigkeiten wie Abhören des Körpers. Weiter festigen sie ihre Pflege-Skills und die Untersuchungstechniken. «Die Zusammenarbeit mit den Praxispartner*innen ist essenziell für den Erfolg des Ausbildungsmodells», so Zumstein-Shaha. Unterstützung erhält die Berner Fachhochschule dabei vom Kanton Bern, der die Vergütung der kantonalen Praxispartner*innen für ihre Ausbildungstätigkeit übernimmt. 

Anmeldezahlen haben sich seit 2019 verdoppelt

Die Berner Fachhochschule hat die fokussierte Ausrichtung auf die Advanced-Practice-Rolle jüngst erweitert: Seit dem neuen Herbstsemester können Studierende erstmals die neue Vertiefung «Psychiatric Mental Health Nurse Practitioner» (PMHNP) belegen, die sich auf die Versorgung und Begleitung von Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen spezialisiert. Bei den Pflegefachpersonen stösst diese Neuausrichtung auf Anklang. So haben sich die Anmeldezahlen zum Master-Studium Pflege seit 2019 verdoppelt. Aktuell sind 71 Master-Studierende ins neue Herbstsemester gestartet. Gesamthaft sind derzeit 145 Studierende im Master-Studium Pflege immatrikuliert.

Kasten: Pflegeexpert*innen Advanced Nurse Practitioner (APN)

Der Begriff Nurse Practitioner bezeichnet Pflegexpert*innen, die vor allem Patient*innen mit komplexen Krankheitsbildern betreuen und diese von Beginn der Erkrankung bis zum Lebensende im Umgang mit der Krankheit im Alltag unterstützen. Damit die  Patient*innen möglichst lange in ihrem gewohnten Umfeld leben können, fokussieren sich APN auf die umfassende klinische Einschätzung des Gesundheits- und Krankheitszustands, treffen Entscheide zur Behandlungsplanung in Absprache mit ärztlichen Fachpersonen und zusammen mit den Betroffenen und helfen beim Organisieren und Einrichten von unterstützenden Diensten.

Kontakt

Berner Fachhochschule
Prof. Dr. Christian Eissler
Leiter MSc Pflege
christian.eissler@bfh.ch
T +41 31 848 47 24

Rubrik: Studium, Forschung