«Weiterbildungen zahlen sich für Organisationen aus»

04.03.2024 Liliane Zurflüh ist Sozialarbeiterin und führt als Präsidentin der 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Seeland elf Mitarbeitende. Wir waren neugierig auf ihren Blick auf Weiterbildungen: Welchen Sinn und Zweck haben diese für sie persönlich und als Vorgesetzte?

Liliane Zurflüh

Was macht für Sie eine gute Weiterbildung aus?

Liliane Zurflüh: Eine gute Weiterbildung vermittelt methodische und theoretische Grundlagen, dies möglichst mit Bezug auf die Praxis. Aber nicht nur … Ich möchte, dass die Mitarbeitenden inspiriert zurückkommen. Deshalb sollte eine Weiterbildung auch Elemente enthalten, die über die gängige Praxis oder unmittelbare Erfahrungen hinausgehen und anregen, neue Konzepte und Methoden auszuprobieren. Auch ist es sehr wichtig, dass ein Austausch zwischen den Kursteilnehmenden stattfindet. Die Teilnehmenden sehen, wie andere arbeiten und fragen: Was könnte ich an Methoden und Instrumenten übernehmen, die andere nutzen? Was könnten wir bei uns verbessern? Genauso freue ich mich, wenn meine Mitarbeitenden zurückkommen und sagen: «Wir haben es schon recht gut bei uns.»

Was kann Weiterbildung für Mitarbeitende verändern?

Neben der Inspiration sind die genannten neuen Zugänge zu Problemstellungen wichtig, diese überhaupt als neue Problemstellungen erkennen zu können. Genauso kann es die Mitarbeitenden voranbringen, neue Netzwerke kennenzulernen, aber auch neue Methoden oder überhaupt neue Zugänge zu ihrer Arbeit. Bei uns zum Beispiel hat eine Mitarbeiterin aufgrund einer Weiterbildung ihre Sicht auf ein psychiatrisches Gutachten und damit auf ein laufendes Verfahren verändert. Es kam auch schon oft vor, dass wir durch Weiterbildungen im Team begonnen haben, andere Fragen zu stellen. 

Warum lohnt es sich für eine Organisation, in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu investieren?

Mitarbeitende kommen meist sehr motiviert aus Weiterbildungen zurück. Davon profitieren wir als Organisation. Und: Das neue Wissen fliesst bei uns ein. Dies ist gerade für kleine Organisationen wie unsere wichtig, neues Wissen und Impulse integrieren zu können, damit wir nicht in unserem eigenen Saft schmoren, uns nicht weiterentwickeln. Das Wissen und die Kompetenzen sollten im ganzen Team einfliessen. Dafür sollte ich als Vorgesetze Raum schaffen. Damit steigt auch die Bereitschaft im Team, die Abwesenheiten der Kolleg*innen mitzutragen, die aufgrund der Weiterbildungen entstehen. Als wichtigen Aspekt möchte ich zudem nennen, dass Mitarbeiter*innen arbeitsmarktfähig bleiben sollen. Wir möchten ja nicht, dass Mitarbeiter*innen bleiben, weil sie nichts anderes mehr machen können. Sie sollen sich wohlfühlen und sich bewusst entscheiden, hier arbeiten zu wollen. 

Die Dozent*innen haben uns regelrecht die Augen geöffnet, was wir eigentlich machen und in welchem Kontext wir handeln – das war wirklich toll.

Liliane Zurflüh
Liliane Zurflüh Präsidentin der KESB Seeland

Was ist denn für Sie persönlich die schönste oder die interessanteste Erinnerung an eine Weiterbildung?

Das ist bereits ziemlich lange her: Ich hatte damals neu die Leitung eines Sozialdienstes inne. Die neuen und interessanten Inhalte waren für mich und meine Kolleg*innen ein ganz grosses Aha-Erlebnis. Die Dozent*innen haben uns regelrecht die Augen geöffnet, was wir eigentlich machen und in welchem Kontext wir handeln – das war wirklich toll. Das Beeindruckendste: Einige meiner Mitstudierenden und ich treffen uns noch heute, nach 15 Jahren. 

Gibt es noch etwas, was Ihnen wichtig ist? 

Ja, beim Thema Weiterbildung denkt man schnell an den Kostenfaktor, aber ich denke, Weiterbildungen zahlen sich für Organisationen aus, darum setze ich mich wirklich dafür ein, dass Weiterbildungen Raum erhalten.

Liliane Zurflüh …

… ist Sozialarbeiterin, Präsidentin der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Seeland sowie Beirätin des Departements Soziale Arbeit der BFH. Die Beiratsmitglieder beraten die Departementsleitung in strategischen Fragen und geben Impulse zur praxisnahen Weiterentwicklung von Lehre und Forschung.