Rechtsgutachten: Kostenbeteiligung bei stationärer Unterbringung von Kindern mit Behinderungen

05.09.2023 Die Kostenbeteiligung bei stationärer Unterbringung von Kindern mit Behinderung verstösst in vielerlei Hinsicht gegen höherstehendes Recht. Dies ist das Ergebnis eines Rechtsgutachtens der BFH-Dozentin Eva Molinari im Auftrag von Procap Bern. Entsprechend scheinen bei der Berner Gesetzgebung über die Leistungen für Kinder mit besonderem Förder- und Schutzbedarf (KFSG/KFSV) Änderungen angezeigt.

Seit Anfang 2022 müssen sich Eltern, deren Konkubinatspartner*innen und teilweise Geschwister von Kindern mit Behinderungen, die im Internat einer Sonderschule übernachten im Kanton Bern einkommensabhängig an den Kosten beteiligen. Nebst dem finanziellen Einfluss auf die Lebensführung der betroffenen Familienmitglieder und negativen Erwerbsanreizen untergräbt diese Regelung in bestimmten Fällen das Recht auf unentgeltlichen Grundschulunterricht.

Die Änderung der gesetzlichen Grundlagen müsste aufgrund des Diskriminierungsverbots und des Anspruchs auf unentgeltlichen Grundschulunterricht ein Verpflegungskostenmodell vorsehen, damit behinderungsbedingte Nachteile von Kindern mit Behinderung hinsichtlich einer genügenden Grundschulbildung effektiv beseitigt werden. Zudem ist aus Rechtsgleichheitsgründen dafür zu sorgen, dass Familien, deren Kinder einen nicht-behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf aufweisen, entlastet werden – z.B. durch eine Härtefallregelung.

Eine allfällige Kostenbeteiligung darf das Einkommen der Familie nicht weitgehend verbrauchen oder gar übersteigen. Zudem müssen Schwelleneffekte sowie negativen Erwerbsanreize - insbesondere für Frauen – verhindert werden. Schliesslich ist zu klären, wie der Rechtsweg für Betroffene ausgestaltet ist, damit diese allfällige Differenzen betreffend Umfang der Kostenbeteiligung gerichtlich überprüfen lassen können.

Zahlen auf Wandtafel

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Fachgebiet: Soziale Sicherheit
Rubrik: Dienstleistungen