Eine neue Webplattform für die kommunale Alterspolitik

10.01.2024 Im Berner Seeland ist im Rahmen der regionalen Alters­planung eine neue Webplattform entstanden. Sie stellt den Gemeinden ein einfaches Hilfsmittel für die Erstellung oder Überarbeitung ihrer Altersleitbilder zur Verfügung. Der von der BFH erarbeitete Online-Leitfaden soll jedoch auch ausserhalb der Region Wirkung erzielen.

  • Prof. Dr. Regula Blaser Dozentin, promovierte an der Universität Bern in Psychologie und beschäftigt sich an der BFH seit 14 Jahren in Lehre und Forschung mit Themen wie Care, Demenz und Altersplanung.

Fast alle Gemeinden der Region Biel-Seeland verfügen über ein Altersleitbild. Aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten in den Gemeinden sind diese Leitbilder jedoch äusserst heterogen. Dies macht deutlich, dass Alterspolitik auf Gemeindeebene sehr unterschiedlich interpretiert werden kann. Da Alterspolitik im Kanton Bern gemäss Gesetzgebung zu den sogenannten «freiwilligen Aufgaben» gehört, kann jede Gemeinde nach eigenem Ermessen und auf eigene Kosten Leistungsangebote bereitstellen, die über die kantonalen Vorgaben hinausgehen. Diese sehr unterschiedlichen Ausganglagen erschweren es den Gemeinden, zusammenzuarbeiten und ihre alterspolitischen Massnahmen und Angebote zu koordinieren. Auch fällt es unter dieser Voraussetzung schwer, die Alterspolitik der Region und der Gemeinden aufeinander zu beziehen und abzustimmen.

Ein Leitfaden für alle kommunalen Altersleitbilder

Eine Massnahme der regionalen Altersplanung Biel-Seeland 2021–2030 setzt bei dieser Herausforderung an. Ein Leitfaden mit klar definierten Eckpunkten soll die einzelnen Gemeinden bei der Erstellung oder Aktualisierung ihres Altersleitbildes unterstützen. Wenn sich alle Gemeinden an denselben Eckpunkten orientieren, erleichtert dies die Kommunikation und Koordination zwischen ihnen. Dies trägt wiederum zu einer besseren Abstimmung mit der regionalen Alterspolitik und zu einer erleichterten Kommunikation mit dem Kanton bei. Für die Umsetzung der Massnahme beauftragte der Verein seeland.biel/bienne das Institut Alter. Der Kanton Bern unterstützte das Projekt fachlich und finanziell.
Als Endprodukt wurde eine Webplattform anvisiert, die überschaubar und einfach zu bedienen ist. Diese Plattform ist nun in deutscher und französischer Sprache verfügbar. Von der Startseite aus sind die Rubriken «Gründe», «Anleitung» und «Prozess» erreichbar. Der Prozess gliedert sich dabei in sechs Phasen:

  1. Initiierung
  2. Bestandesaufnahme
  3. Ziele und Massnahmen
  4. Erstellung des Altersleitbildes
  5. Umsetzung der Massnahmen
  6. Evaluation

Der Online-Leitfaden Altersleitbild

... wurde vom Institut Alter zusammen mit seeland.biel/bienne entwickelt. Der Leitfaden und die integrierten Links, Dokumente und Good-Practice-Beispiele dienen den Gemeinden als Hilfsmittel, um ihre Altersleitbilder zu erstellen, zu aktualisieren und effektiv umzusetzen.

Vielfältige und konkrete Impulse

Eine zentrale Anforderung an den Leitfaden war, dass er Impulse für die kommunale Altersplanung und die Zusammenarbeit der Gemeinden setzt. Diese Anforderung wurde in dreifacher Hinsicht realisiert.

  • Erstens lehnen sich die vorgeschlagenen thematischen Schwerpunkte an die Kriterien der WHO für altersfreundliche Städte an. Damit wird durch die Altersleitbilder ein breites Verständnis der Alterspolitik gefördert, das weit über eine Versorgungs­planung, die im Kanton Bern ohnehin eine kantonale Aufgabe ist, hinausgeht. 
  • Zweitens impliziert dieses breite Verständnis der Altersplanung, dass Alterspolitik nicht auf ein Ressort – meist das Ressort Soziales – beschränkt werden kann, sondern ein Querschnittsthema ist, das mehrere, wenn nicht gar alle Ressorts einer Gemeinde betrifft. Dem Ressort Soziales kommt hier allenfalls eine Führungs- und Integrationsfunktion zu. 
  • Drittens geben die in den sechs Phasen zur Verfügung gestellten Materialien und Links weitere Impulse. Dank der Feedback-Möglichkeit, die auf der Webplattform integriert ist, können Nutzende aktiv zu einem lebendigen Leitfaden beitragen – etwa indem sie Good-Practice-Beispiele aus ihrer Gemeinde zur Verfügung stellen. Die Sammlung des zur Verfügung gestellten Materials und der Links soll wachsen und aktuell bleiben.

Ein Anspruch an den Leitfaden war, dass er die Vielfalt der Region Biel-Seeland angemessen berücksichtigt, dabei aber so konkret ist, dass er den Gemeinden eine effektive Hilfestellung bietet. Das Projektteam stand somit vor der Herausforderung, eine Balance zwischen Anleitung und Leitfaden zu finden. Diese wurde gefunden, indem zu den einzelnen Phasen, die bei der Erarbeitung oder Erneuerung eines Altersleitbildes idealerweise durchlaufen werden, leitende Fragen formuliert wurden. Die Antworten darauf können je nach Gemeinde unterschiedlich ausfallen. Zur Beantwortung der Fragen stehen im Leitfaden unterschiedlichste Materialien zur Verfügung. Infoboxen erleichtern dabei den Überblick über die Materialien und helfen der Gemeinde, eine für sie relevante Auswahl zu treffen.

Wirkung geht über die Region hinaus

Bei der Erarbeitung des Leitfadens war es dem Projektteam ein Anliegen, die relevanten, regionalen Akteur*innen sowie das zuständige kantonale Amt für Integration und Soziales (AIS) einzubeziehen. Dies erfolgte einerseits durch die enge Abstimmung der Projektschritte mit der Konferenz Soziales und Gesundheit des Vereins seeland.biel/bienne, deren Mitglieder in der kommunalen Alterspolitik aktiv sind. Der Entwurf des Leitfadens wurde zudem an einem Workshop vorgestellt und diskutiert, zu dem Gemeinderät*innen aller Gemeinden der Region, alle Altersbeauftragen der Region, eine Vertreterin der AIS und weitere Stakeholder aus dem Altersbereich eingeladen waren. Ebenso wurde die Pilotversion des Leitfadens ausgewählten Workshop-Teilnehmenden zur kritischen Prüfung vorgelegt. 

Die Nutzung des Leitfadens ist nun für alle interessierten Gemeinden offen. Auch wenn er auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Kantons Bern zugeschnitten ist, bietet er auch Gemeinden aus anderen Kantonen nützliche Unterstützung. Von den Erfahrungen, die im Seeland mit dem Leitfaden gemacht werden, profitiert auch der Kanton Bern, der die Webplattform zu einem späteren Zeitpunkt allenfalls weiterführen und ausweiten könnte.

seeland.biel/bienne

... ist die regionale Organisation der 61 Gemeinden im Seeland. Sie vernetzt die Gemeinden untereinander und fördert die Zusammenarbeit in der Region. Für Themen und Projekte im Bereich Altersplanung ist die Konferenz Soziales und Gesundheit zuständig.

Dieser Artikel ist im Januar 2024 im Printmagazin «impuls» erschienen.

Fachgebiet: Caring Society + Alter
Rubrik: Forschung