Am Puls der Wirtschaft ausbilden, forschen und entwickeln

09.02.2024 Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ist ein wichtiger Pfeiler der Lehr-, Forschungs- und Entwicklungstätigkeit der BFH – zum Beispiel in den Masterstudiengängen Precision Engineering und Biomedical Engineering.

Die Modifikation von Oberflächen durch das Auftragen von Beschichtungen im Nanometerbereich kann rein dekorative Zwecke haben – sie kann einer Oberfläche aber auch eine spezifische Funktion verleihen. Beispiele dafür sind optische Linsen mit einer reflexionshemmenden Beschichtung, oder Barrierebeschichtungen, die ihr Trägermaterial vor Korrosion schützen. Die Thuner Firma Swiss Cluster stellt Reaktoren für das Auftragen solcher Beschichtungen her. Bei der Entwicklung seiner Produkte profitiert das Start-up von den Kompetenzen der BFH-Forschungsgruppe Thin Films and Surfaces. «Die Dünnschicht-Community in der Schweiz ist relativ klein, man kennt sich und pflegt die Kontakte», sagt der Leiter der Forschungsgruppe und BFH-Dozent Sylvain Le Coultre. Derzeit entwickelt sein Team für Swiss Cluster einen rotierenden und heizbaren Substrathalter für Beschichtungsreaktoren, der auf einem anderen Konzept als aktuell verfügbare Produkte beruht und zudem günstiger ist. Beteiligt ist auch ein Student des Masterstudiengangs Precision Engineering. Er wird voraussichtlich auch seine Masterthesis im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Thuner Firma verfassen – für Sylvain Le Coultre eine «Win-win-Situation»: «Der Projektpartner profitiert von unserem Know-how und unserer technischen Infrastruktur. Die BFH kann dank solchen Aufträgen praxisorientierte Forschungs- und Entwicklungsarbeit betreiben.»

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Die Studierenden, die im Herbst 2023 das Masterstudium Biomedical Engineering aufgenommen haben, werden ihr Wissen in den Dienst von Spitälern und Unternehmen stellen.

Berner Drehscheibe der Medizintechnik

Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gehört neben der Lehre und Ausbildung zu den Kernaufträgen der BFH. Sie gewährleistet, dass das Wissen der BFH in die Gesellschaft einfliesst – und dass die Lehrtätigkeit am Puls der Zeit bleibt und sich an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiert. Wichtig für den funktionierenden Wissens- und Technologietransfer ist die Einbettung der BFH in Forschungs- und Wirtschaftsnetzwerke. Der Kanton Bern ist hierfür ein hervorragender Standort. «Hier gibt es eine Ansammlung von renommierten Playern der Medizintechnik», sagt Volker Koch, Professor für Biomedical Engineering und Leiter der Master-Abteilung der BFH-TI. Zu diesen Playern gehören neben Medizintechnikfirmen und Spitälern unter anderem das Institute for Human Centered Engineering (HuCE) der BFH, das ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern sowie das Swiss Institute for Translational and Entrepreneurial Medicine (Sitem Insel AG).

Der Masterstudiengang Biomedical Engineering ist der medizinischen Fakultät der Universität Bern angegliedert und wird von dieser seit 2006 gemeinsam mit der BFH angeboten. Er öffnet Studierenden mit Bachelor-Abschluss in einer Ingenieur- oder Naturwissenschaft die Tür zu einer universitären Ingenieurausbildung. Das Master-Studium beinhaltet wahlweise Spezialisierungen in den Sparten Biomecanics, Electronic Implants und Image-Guided Therapy. Bei den Masterarbeiten sind die Studierenden häufig in grössere Projekte eingebunden, die technische Innovation für die medizinische Praxis verfügbar machen. Finanziert werden sie mit Unterstützung der öffentlichen Hand – insbesondere von Innosuisse, aber auch vom Schweizerischen Nationalfonds oder von der EU. «Bei Projekten der BFH ist meistens ein Wirtschaftspartner beteiligt», betont Volker Koch. «Im Studium kommen die Studierenden also bereits in Kontakt mit Firmen. Das ebnet ihnen häufig den Einstieg in die berufliche Laufbahn.»

Ein Labor für kreative Entwicklungsarbeit

«Die Kooperation der BFH mit der Universität macht auch den Masterstudiengang Precision Engineering einzigartig», sagt der Leiter der Vertiefungsrichtung Optical Engineering, der BFH-Dozent Beat Neuenschwander, der auch das BFH-Institut Applied Laser, Photonics and Surface Technologies (ALPS) leitet. Der gemeinsame Masterstudiengang von Uni und BFH wird seit 2022 angeboten und behandelt zukunftsträchtige Themen wie die additive und die subtraktive Fertigung oder die Micro- und Nanofabrikation. Sein «Herzstück» ist das Creative Engineering Lab in Bern. «Hier lernen die Studierenden den kreativen Prozess, um ihr grundlagenorientiertes Wissen für die Entwicklung von marktfähigen Anwendungen zu nutzen», erklärt Beat Neuenschwander. «Bei den Projektarbeiten in interdisziplinären Teams werden sie von wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Dozenten betreut, die über viel Erfahrung in der Zusammenarbeit mit der Industrie verfügen.»

Volker Koch und Beat Neuenschwander sind überzeugt, dass die beiden Masterstudiengängen ein wertvoller Beitrag gegen den Fachkräftemangel in der Industrie sind. Gefragt sind Ingenieurinnen und Ingenieure, die neben Fachwissen auch über Kreativität und Unternehmergeist verfügen. Entsprechende Kompetenzen erwerben die Studierenden in den Projekt- oder Master-Arbeiten, in denen sie sich häufig mit konkreten Fragestellungen von Spitälern oder Unternehmen beschäftigen. Diese ersten Praxiserfahrungen machen sie zu gesuchten Fachkräften für die Wirtschaft und befähigen sie auch, eine innovative Idee mit einer eigenen Firma zu einem erfolgreichen Produkt oder einer Dienstleistung zu entwickeln.

Autor: Mike Sommer, textatelier.ch

Innovationsstandort Kanton Bern

«Mit einer neuen School of precision and medical engineering stösst die Universität Bern in enger Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule in den Bereich der universitären Ingenieurausbildung vor, die komplementär und gleichwertig zu den ETH sein wird. Als erster Schritt wird ab 2022 ein Masterprogramm angeboten. Darauf aufbauend wird ein Doktoratsprogramm entstehen und sukzessive ein neues Forschungszentrum für Präzisions- und Mediziningenieurwissenschaften entwickelt, welches eng mit der Industrie zusammenarbeiten soll.»

(Auszug aus den Regierungsrichtlinien 2023–2026 des Berner Regierungsrats)

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