Innovative Rehabilitation nach vorderen Kreuzbandverletzungen

20.03.2024 Nach einer Verletzung des vorderen Kreuzbandes weisen viele Patient*innen trotz abgeschlossener Rehabilitation sensomotorische Defizite auf. In einer neuen Therapiestudie untersucht die Berner Fachhochschule, ob die aktive muskuläre Stabilisierungsfähigkeit verbessert werden kann.

Verletzungen und Rupturen des vorderen Kreuzbandes treten häufig bei körperlicher Aktivität auf. Eine situationsgerechte Aktivierung der gelenkstabilisierenden Muskulatur ist wichtig, um die passiven Strukturen des Knies wie den Knorpel oder auch die Kreuzbänder im Knie zu schützen. Die kürzlich abgeschlossene Studie ACL valid diagnostics (ACL steht für Anterior Cruciate Ligament oder Vorderes Kreuzband) untersuchte die neuromuskuläre Kontrolle von knapp 70 ehemals kreuzbandverletzten, körperlich aktiven Personen im Vergleich zu Personen, die nie eine Knieverletzung erlitten hatten.

Die sensomotorischen Defizite betreffen sowohl Patient*innen nach konservativer, also nicht operativer Behandlung, als auch nach operativer Rekonstruktion des Kreuzbandes.
Die sensomotorischen Defizite betreffen sowohl Patient*innen nach konservativer, also nicht operativer Behandlung, als auch nach operativer Rekonstruktion des Kreuzbandes.

Gleichgewichtsstörungen bleiben

Beim Treppensteigen, bei dem willkürlich erzeugte Bewegungsmuster abgerufen werden müssen, und bei unwillkürlichen Reflexreaktionen auf einen unvorhersehbaren Gleichgewichtsstörreiz zeigte sich, dass auch ein Jahr nach einer Kreuzbandverletzung noch deutliche Veränderungen in der muskulären Aktivierung bestehen und das Niveau gesunder Vergleichspersonen nicht erreicht wird. Die sensomotorischen Defizite betreffen sowohl Patient*innen nach konservativer, also nicht operativer Behandlung, als auch nach operativer Rekonstruktion des Kreuzbandes. Das Zusammenspiel von Nerven und Muskeln funktioniert noch nicht ausreichend, um das Kniegelenk in jeder Situation aktiv zu schützen. 

Dies deutet darauf hin, dass Trainingsformen zur Verbesserung der muskulären Ansteuerung und Aktivierung in der Rehabilitation zu wenig eingesetzt werden und hierauf besonderes Augenmerk gelegt werden sollte, bevor sportspezifische Bewegungsformen oder sportmotorische Testformen in der Therapie oder im Rahmen von Return-to-Sport Evaluationen eingesetzt werden.

Folgeverletzungen reduzieren

Ziel des neuen Projektes Sustainable Knee Health ist es daher zum einen, den Verlauf dieser neuromuskulären Defizite während einer 12-monatigen Rehabilitation zu untersuchen. Zum anderen soll untersucht werden, wie diese Defizite durch gezielte Therapieprogramme behandelt werden können. Die Untersuchung des Defizitverlaufs und die Erprobung neuromuskulärer Behandlungsstrategien zur Verbesserung der sensomotorischen Kontrolle sollen Erkenntnisse über das Reparaturpotential einer inadäquaten aktiven Gelenkstabilität liefern. Beide Aspekte bieten ein direktes Transferpotential für die klinische Arbeit und können letztlich dazu beitragen, die hohe Zahl von Folgeverletzungen zu reduzieren.

Mehr erfahren