Episode 7: Smarte Städte & Nachhaltigkeit

Smart Cities umfassen viele Aspekte im urbanen Raum. Was Nachhaltigkeit damit zu tun hat und wie radikale Innovationen den Prozess voranbringen, darüber sprechen wir in der 7. Episode unseres Podcast mit Flurina Wäspi. Sie ist Politikwissenschaftlerin und forscht am Institut Public Sector Transformation der BFH Wirtschaft.

Smart City, das heisst ja eigentlich kluge Stadt und viele denken vielleicht zuerst an Mobilitätslösungen, wie Publibike. Was ist eine Smart City aus Forscherinnensicht?

Die E-Mobilitätslösungen sind ein großer Trend, der viele Städte bewegt. Mobilität ist ein leichter Einstieg in das Thema Smart City. Auch aus Forscherinnensicht gehört Verkehr zu Smart City. Wir benutzen dafür das Konzept des Smart City Wheel. Das ist ein Kreis, in dem verschiedene Kuchenstücke darstellen was, alles dazu gehört. Smart Mobility ist ein Teil davon. Dazu gehören auch Energie, Umwelt, unser soziales Zusammenleben und wie man mit Behörden.

Also braucht eine Smart City einen Kulturwandel auf vielen Ebenen und Innovation. Ganz neu leitet dein Institut den Innovation Booster für Schweizer Städte, was genau ist das?

Das ist ein neueres Förderprogramm von Innosuisse, der Schweizerischen Innovationsagentur. Die Inno-Boosters sind ein Programm, bei denen Innosuisse Fördergelder einem Konsortium übergibt, das diese stellvertretend an Projekte vergibt. Für die Förderung muss man sich bewerben. Wir suchen innovative Ideen, Projekte, die einen kompletten neuen Ansatz haben. Kurz: Innosuisse will radikale Innovation fördern. Und wir von der BFH sind aktuell das Leading-Haus.

Was wäre ein Beispiel für eine radikale Innovation?

Die Idee von radikal ist, dass es komplett transformativ wirkt, dass es ganz grundlegende Änderungen eigentlich bewirkt, keine schrittweise Änderungen. Zum Beispiel wäre radikal: Niemand benutzt mehr ein Auto, alle benutzen nur noch den Zug oder ein komplett neues Verkehrsmittel. Die Erfindung des iPhones war eine radikale Innovation, weil es alles verändert hat: wie wir einkaufen und wie wir kommunizieren. Aber ob eine Innovation radikal ist, kann man zu Beginn vielleicht nicht beurteilen. Wir schätzen ab, ob eine Idee radikales Potential hat und sind nicht so strikt bei der Auswahl.

Das klingt nach einer Spielwiese für Start-Ups. Wer kann sich ausserdem um eine Förderung bewerben?

Es gibt keine definierte Zielgruppe. Es sollen Projekte gefördert werden, die andernorts keine Förderung finden. Das können auch Projekte sein, auf dem Markt keine Finanzierungsquelle finden.  Gut wäre, wenn die Innovationsteams schon ein stabilen Partner haben, der wenn unsere Förderung ausläuft, eine weitergehende Finanzierung sicherstellt.

Auch die Behörden könnten eine radikale Innovation vertragen. Viele wünschen sich, dass es viel mehr Behördengänge gibt, die man digital erledigen könnte. Würdet ihr die so ein Projekt begrüssen?

Auf jeden Fall, ja. Ich denke die elektronische Identität, die du auch ein bisschen ansprichst, ist aber jetzt nicht etwas, was wir über unseren Booster unbedingt fördern, weil es ist eine Lösung, die schon im Gespräch ist und wo es auch politisch einfach bisher in der Schweiz nicht geklappt hat. Aber das sollte ja in den nächsten Monaten auf uns zukommen so eine Lösung. Also ich denke, das ist jetzt bei uns nicht die Priorität, aber schon wie du auch angesprochen hast, Innovation oder Ideen zu fördern, die den Zugang der BürgerInnen zum Staat vereinfachen und verändern in einer positiven Art und Weise.

Du forschst auch zu digitaler Nachhaltigkeit. Welche Aspekte fliessen dort hinein?

Ich spreche eher von nachhaltiger Digitalisierung und beschäftige mich mit der Frage: wie gestalten wir unsere digitale Welt, wie setzen wir unsere digitalen Geräte so ein, dass sie der Umwelt nicht mehr schaden als sie nützen? Im Moment ist der Konsum eine sehr grosse Herausforderung. Gemäss einer Statistik besitzt jeder auf der Erde acht digitale Geräte. Das ist natürlich eine enorme Herausforderung, gerade wenn wir über Smart City reden, wo vieles mit Sensoren gesteuert ist. Man sollte sich von Anfang an fragen, was machen wir mit diesen Sensoren, wie recyclen wir diese und was machen wir wenn sie das Ende ihres Lebens erreicht haben? Wichtig ist dann der Rebound Effekt. Das bedeutet, man setzt digitale Geräte ein, um nachhaltiger zu werden, aber die Geräte an sich werden mit grossem Ressourcenverbrauch produziert, welcher die positiven Effekte wieder annulliert.

Wäre es eine radikale Innovation, Label für digitale Geräte zu entwickeln, damit die Konsument*innen wissen, ob das Gerät nachhaltig produziert wurde?

Auf europäischer Ebene ist der «Product-Passport» im Gespräch. Die EU ist da oft etwas fortschrittlicher, als wir hier in der Schweiz. Das ist Pass, in dem steht, wo komme ich her, was ist mein Name, wie ist meine Grösse, wo wurde ich produziert. Im Prinzip könnten wir in der Zukunft für jeden Computer nachschauen, wo kommen diese Teile her, was mache ich mit ihnen wenn sie kaputt gehen, wo kann ich sie recyclen. So können Konsument*innen nachhaltigere Kaufentscheidungen fällen. Für mich ist der Kauf der wichtigste Moment. Radikal wäre, wenn man sich entscheidet, dass man einfach gar keine neuen Geräte mehr anschafft. Stattdessen kann man zum Beispiel bei Revendo in Bern oder Back Market in Deutschland,«refurbish-te», also wieder aufbereitete Geräte kaufen.

Kommen wir zu einem weiteren «Kuchenstück» des Smart City Wheels, das eGovernment. Wo stehen die Schweizer Städte?

Immer mehr Städte verabschieden eine Smart City Strategien und das sollte auch immer am Anfang eines guten Smart City Prozesses stehen. Wir beobachten nämlich oft, dass es Projekte gibt, die ohne wirkliche Strategie auftauchen und vielleicht wieder untergehen, weil es nicht klar ist, wer ist wofür zuständig und was sind die Strukturen. Eine Strategie mit Aktionspunkten hilft dagegen. In der Schweiz sind wir auf einem guten Weg. Es gibt immer mehr Städte, die solche Strategien verabschieden und die spezifisch Personen anstellen, die für Smart City verantwortlich sind. Eine Vorreiterrolle nimmt die Stadt Wien ein.

Was macht Wien so besonders vorbildlich?

Wien hat das Thema schon so früh aufgegriffen und seit 2011 eine Smart City Strategie angestossen. Die Stadt hat dazu sehr früh ein begleitendes Monitoring verabschiedet, mit dem man regelmässig überprüft, welche Projekte wurden umgesetzt, was hat funktioniert, was nicht. Das generiert sehr viele wertvolle Daten und so etwas brauchen wir auch in der Schweiz.

Dies ist eine gekürzte Version, das ganze Gespräch hören sie im Podcast.

Hören Sie hier die ganze Episode: